HOW (NOT) TO INNOVATE IN REAL ESTATE

ZEIT ERNST ZU WERDEN (mit vorsichtiger Ironie-Warnung)
Kommen wir zu Digitalisierung. Innovation. Und Zukunftsfähigkeit. Uff.
Ansage: Ihr müsst.
Achtung: Lasst Euch das nicht sagen. Erst recht nicht, wo ihr freiwillig hier sitzt. Das klingt schon nach Besserwissen.
Das Wort müssen suggeriert Zwang, Kontrolle und Fremdbestimmung.
Wenn wir irgendwas müssen, dann wird unsere Autonomie, und unser freier Willen eingeschränkt.
Fühlt Euch zurecht gekränkt.
Psychologische Reaktanz ist Euer größter Freund.
Müssen klingt nach Pflicht, unerwünschten Aufgaben und autoritären Figuren.
Natürlich müsst Ihr nichts.
Außer sterben. Aber darum geht es hier ja nicht. – Oder doch?
Und lasst Euch bloß nichts erzählen.
To big to fail. To small to fail. To irrelevant to fail.
Was auch immer: Ihr seid weder Kodak noch Nokia. Ihr macht was mit Immobilien. Die stehen ewig. Betongold. Die steigen einfach so im Wert.
Und das gilt ja wohl genauso für unsere Bau- und Immobilienwirtschaft.
Aber lasst es doch einfach.
Ging doch schon immer so. Geht doch. Von wegen aller Anfang ist leicht gemacht. Lasst Euch bloß nicht die Sand in die Augen reiben.
Digitalisierung, Innovation, Transformation: das ist alles harte Arbeit.
Der eine Button löst ohnehin nicht die Probleme der letzten 40 Jahre.
Papier im Keller und Excel sind eh viel vertrauter. Da weiß man, woran man ist.
Lass mal, kostet alles Aufwand, muss irgendwer machen. Bis sich das lohnt, ist eh Rentenzeit.
Trotzdem: zum Sichergehen noch ein paar Warnungen.
Vorsicht nicht umschauen.
Vermeidet das Mitkriegen oder gar selbst suchen von News über Technologie-Entwicklung, über M&A oder Deals im Innovations- und Tech-Bereich.
Voller Fokus nur auf klassische Immobilien-Transaktionen.
Bleibt beim vertrauten Fokus auf Zinsmarkt und wer welches Portfolio wem abkauft.
Auf keinen Fall mit anderen über Erfahrungen, Schwierigkeiten oder gar Erfolge reden, die mit Digitalem, Innovativem oder Transformation zu tun haben.
Und bloß nichts und niemandem sagen, dass ihr eigene Ideen, Konzepte oder sogar schon Erfahrungen mit der Umsetzung gemacht habt.
Nicht teilen.
Nicht vernetzen!
Merkt Euch: Innovationen entstehen da, wo Ökosysteme aufeinander treffen. Ob am Great Barrier Reef, ob beim rauschenden Weinfest, bei dem Gutenberg die Weinpresse verstand und die bis KI wichtigste Erfindung der Menschheit - den Buchdruck - daraus ableitete.
VORSICHT: vor solchen Entdeckungen. Und diesen fatalen Transfer- und Mitnahmeeffekten.
Wer kennt das nicht: ein Kollege kommt rein und sagt: ich hab da was gesehen, das sollten wir auch mal ausprobieren..
Zuhause kommt ja auch keine Begeisterung auf, wenn der Partner sagt ich hab da jemanden kennengelernt. Das sollten wir mal testen.
Bloß nicht anfangen mit Euch selbst beschäftigen.
Himmel, wer versucht, sich selbst anzuschauen, der findet ja immer was zu meckern.
Selbstreflexion ist was für Schwächlinge, solche, die Schwächen haben und an sich arbeiten müssen.
Das habt ihr doch nicht nötig
Und wenn das jemand denkt, dann weg mit dem Störenfried.
Also: keine Standortbestimmung, keine Ist-Situations- oder gar Risiko- und Chancenanalyse. Bloß kein Benchmarking mit anderen..
Wer Visionen hat möge zum Arzt gehen.
Zielbild definieren? Um Himmels willen. Das liefert ja langfristig einen Nordstern. Dann laufen alle in eine Richtung. Und es wird so schwierig zwischendrin den Kurs zu wechseln. Gibt ja immer was. Hauptsache flexibel bleiben.
Und um Himmels willen. Dann müsstet ihr die Vision auch noch runterbrechen. Mit quantitativ & qualitativ messbaren lang-, mittel- & kurzfristige Zielen. Dann müsstet Ihr Euch überlegen, wie Erfolg messbar wird. Was das überhaupt ist?
Ist doch klar. Umsatz, Rendite. Bonus.
Und warum die Mühe machen? Nur weil das Mitarbeitern Sinn stiftet?
Diese ganze nervige Purpose-Diskussion. Wir zahlen auch nicht schlechter als der Wettbewerb.
Zusammenhalt und Engagement? Pah, wir haben grad erst die Ellenbogenkultur geschärft, damit diese ganzen Team-Arbeitsdinger aufhören. Die trinken doch eh nur gemütlich Kaffee und labern. Soll erstmal einer nachweisen, dass aus solchen interdisziplinären, teamworkigen Ideen Gewinne erzielt wurden.
Und Talente? Hey, die kommen schon.
Unsere Strategie: Nächstes Jahr verdoppeln wir den Umsatz.
Wer keine Vision hat, braucht auch nicht die Frage beantworten, wie wir da hinkommen. Richtig?
Wie Personal und Mittel eingesetzt werden, das wissen wir schon. Welche Prioritäten zu setzen sind?? Kohl machen.
Wettbewerbsvorteile? Haben gute Sales-Leute. Die machen das schon. Ist eh ein Peoples Business.
Und Leitplanken für Entscheidungen? Ach, was soll denn da eine Strategiefestlegung bringen? Bauchgefühl ist das A und O. Dafür kriegen wir doch unser Geld.
Strategie & Konzept entwickeln für grundlegende Innovations-Strukturen? Dann kommt noch so was wie Messbarkeit, Kontrolle, Risikomanagement… und zu guter Letzt noch kontinuierliche Lernprozesse..
Können die andern machen. Wir machen derweil einfach Umsatz.
Bloß nicht machen.
(Erstmal kurzer Ironie-Stopp: bloß nicht einfach mal machen. Das kann nur im Mist enden.)
Aber grundsätzlich die Warnung:
Strategie & Maßnahmen umsetzen in den relevanten Dimensionen?
Geht allen sechs Handlungsfeldern aus dem Weg. Fasst weder an:
Strukturen & Verantwortlichkeiten: Dabei können ja nur geliebte Machttürme und eigene Kreationen ersetzt werden. Denkt dran: da ist so viel Arbeit reingeflossen. Bloß nichts ändern. Finger weg.
Neue Leute schaffen eh nur neue Arbeit und Unruhe.
Culture Change & Mindset Training? Yoah. Lasst mal. Den Obstkorb braucht keiner, Kicker ist was für die Freizeit und nervige „Happy“-Brainwash-Musik können die andern in ihren dicken Firmenwagen hören. Mehr Sinn hat das doch eh nicht oder?
Datenverfügbarmachen & IT-Kernsysteme anfassen: OHHH. NEIN. DAS GEHT NICHT. DARAN HÄNGEN SO VIELE ALTSYSTEME. Die beste Data-Lake-Strategie? Ordner aufräumen.
Prozesse rund um Gebäude, Nutzer, Markt effizienter machen? Das ist doch PropTech oder? Ne, die sind noch nich´ so weit.
Neue Geschäftsmodelle & Produktinnovationen? Mehr Umsatz klingt super. Macht aber Arbeit. Da muss man sich erstmal fragen, was die Kunden wollen. Oder die Nutzer. Was man noch verbessern und anbieten kann. Noch geht´s doch auch so.
Beteiligungen, Merger & Akquisitionen für Wachstum? Ja, mit Immobiliendeals kennt Ihr Euch aus. Aber teilen? Ne. Joint Venture ist was für die, die es nicht alleine schaffen. Und professionelle Venture Capital-Fonds-Beteiligungen und -Renditen: lasst mal, vielleicht seid Ihr nur noch 2,3 Jahre im Unternehmen. Was sollt Ihr mit der Ausschüttung danach und dem ganzen Knowhow? Wer soll das aufnehmen und umsetzen?
Marke brauchen wir nicht. Kommunikation auch nicht.
Werbung? Brauchen wir nicht.
Positionierung als Experten? Die Kunden kommen schon. Und die, die wir haben, bleiben ewig. Das hat nix mit Image zu tun. Von uns braucht keiner auf Bühnen gehen, Fachartikel schreiben.
Arbeitgeber-Branding? Leute kommen. Leute gehen. Ist ein Kreislauf.
Dass Eure Webseite jetzt grün ist, war schon teuer genug. Und jetzt? Braucht diesen ganzen Nachhaltigkeits-Kram eh keiner mehr. Thema hat sich erledigt oder?
Jedenfalls: wenn Euch einer einredet, Ihr brauht eine starke Marke. Ein cleveres Kommunikation intern für die Transformation, um Leute mitzunehmen. Und im Markt, um Talente zu gewinnen und vor allem Kunden. Dann kann es sich dabei nur um eine Abzocke-Werbeagentur handeln. Oder irgend so eine Forschungseinrichtung. Die wollen eh nur Euer Geld.
Was interessieren uns die anderen?
Große Warnung vor dem Blick neben Euch. Oder gar vor Euch.
Weder als Inspiration, noch dafür nervös zu werden ist das zu empfehlen. Braucht doch nicht unruhig werden, nur weil Ihr lest, was andere machen oder anderen passiert. Erst recht nicht der Wettbewerb. Oder wo neuer entsteht.
Die Chancen aus Markt- und Wettbewerbsbeobachtung? Die kennt Ihr schon, weil Ihr ja alle Immobilien-Deal-News lest? Klar, lasst Euch nicht einreden, dass es noch mehr braucht, um ein Unternehmen auf Kurs und erfolgreich zu halten.
Also. Abwarten. Aussitzen. Nix machen.
Genau so sind all die bewundernswerten, tollen Unternehmen in der Geschichte entstanden, groß geworden und erfolgreich geblieben.. Nicht?
Schluss mit der Ironie.
Denn aller Anfang ist wirklich leicht.
Der Weg danach vielleicht kein Sprint. Aber Sprints kommen vor.
Und wer mit Immobilien zu tun hat, der kennt das ja mit dem langen Atem.
Innovationspfad

Wer nicht weiß wo anzufangen: Ihr seid schon mal bis hierhin gekommen.
Level 0 ist gemeistert.
Für den Rest als Tipp: schon mal Kill your Company ausprobiert?
NICHT?
MEHRZU KILL YOUR COMPANY & ZUM INNOVATIONS-BOOST-PROGRAMM:

Sarah Schlesinger ist Managing Partner bei blackprint. In ihrer Rolle vernetzt sie gezielt etablierte Immobilienunternehmen, PropTechs und Wagniskapitalgeber miteinander und treibt digitale Geschäftsmodelle zur Schaffung einer nachhaltig funktionierenden Bau- und Immobilienwirtschaft voran. Im ZIA leitet sie die Projektgruppe ESG & Digitalisierung, im BITKOM ist sie Vorständin des AK Digital Construction & Real Estate. Vor ihrer Zeit bei blackprint gründete und führte sie vier Jahre lang ein eigenes PropTech und leitete sechs Jahre für einen internationalen Shoppingcenter-Betreiber die Servicegesellschaften zur Entwicklung neuer Geschäftsmodelle. 2019 wurde Sarah Schlesinger mit dem Deutschen Exzellenz-Preis in der Kategorie „Manager & Macher“ ausgezeichnet. Das Branchenmagazin immobilienmanager wählte sie zudem 2019, 2020, 2021 und 2022 unter die Top 25 Frauen der Immobilienwirtschaft.

Als Pioniere der Bau- und Immobilienwelt treibt blackprint als Digitalisierungs-Hub die Zukunftsfähigkeit der Bau- und Immobilienwelt voran. blackprint wurde 2016 von der Feldhoff Gruppe gemeinsam mit weiteren Unternehmern mit dem Ziel gegründet, die Digitalisierung der Bau- und Immobilienwirtschaft voranzutreiben und zu gestalten. Heute verstehen wir uns als Beratungsunternehmen für Digitalisierungsstrategien und als Netzwerk- und Knowledge-Plattform. Wir widmen uns der Vernetzung der Akteure in unserer Branche bei visionären Events, begleiten PropTechs bei ihrem Wachstum und vermitteln Wissen rund um die digitale Transformation der Immobilienwirtschaft. Mit Leidenschaft streben wir nach einer nachhaltigen und zukunftsorientierten Bau- und Immobilienbranche.
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