Nachhaltige Immobilien gehen nur digital

Geschrieben von
Andreas
Moring
Veröffentlicht am
Sep 3, 2022

Digitalisierung und KI eröffnen neue Möglichkeiten, Immobilien vor allem im Betrieb wirklich nachhaltig zu machen. Dazu gibt es einen Leitfaden, wie Unternehmen vorgehen sollten. Das schafft zudem auch neue und wertschöpfende Geschäftsmodelle.

Nachhaltigkeit, die ihren Namen verdient, kann es nur zusammen mit konsequenter Digitalisierung geben. Denn die Optimierung von Planen, Bauen und Betreiben auf alle Dimensionen der Nachhaltigkeit ist zu komplex, als dass sie von Menschen sinnvoll und effektiv erreicht werden könnte. Daten und digitale Lösungen sind hier der Schlüssel zum Erfolg. Und nicht zuletzt dazu, die Ziele zu erreichen, die vom Gesetzgeber, von Regulatoren, vom Kapitalmarkt und den Kunden und Nutzern mehr oder weniger gnadenlos vorgegeben werden. Das neue Buch „Digitalisierung und Nachhaltigkeit in der Immobilienwirtschaft. Real Sustainability“ von Prof. Dr. Andreas Moring und Christin Inholte beschreibt, wie das geht und wie Unternehmen der Branche vorgehen müssen, damit Digitalisierung und Nachhaltigkeit auch tragfähige Geschäftsmodelle ergeben. Das Buch ist der Nachfolger des Standardwerks zur Digitalisierung in der Immobilienwirtschaft von 2018 „Bits & Bricks“.

Digitalisierung von Immobilien ist eine neue Form der Mensch-Maschine-Interaktion 

Denn eins ist klar: Nachhaltigkeit in der Immobilienwirtschaft und damit verbundene sinnvolle Geschäftsmodelle gehen nur mit Digitalisierung. Der Grund dafür ist ziemlich einfach. Nur mit Daten und Digitalen Tools und Systemen lässt sich die Nachhaltigkeit überhaupt verlässlich messen und dann in der Folge auch optimieren. Diese Aufgabekann von Menschen in angemessener Zeit und zu vertretbaren Aufwänden überhaupt nicht gemeistert werden. Es ist an der Zeit Immobilien und Menschen, die in ihnen Leben, als eine Form der Mensch-Maschine- oder Mensch-Computer-Interaktion zu verstehen. Immobilien und die Gerätschaften und Anlagen in ihnen sind zunehmend vernetzt, autonom und produzieren Daten. Menschen tun etwas in und mit Immobilien, sie interagieren mit ihnen oder Teilen von Ihnen. Und auch dabei entstehen Daten, es entstehen Muster, es zeigen sich Korrelationen, es zeigen sich Anomalien. Mit verschiedenen Data Science und KI-Methoden lassen sich genau daraus Erkenntnisse ziehen. Indem wiederum Menschen zusammen mit Systemen und Anwendungen diese Erkenntnisse interpretieren und einordnen. Wir treten mit diesem neuen Verständnis auch in eine neue Phase der Digitalisierung der Immobilienwirtschaft. Sie ist erst in den Anfängen und als Szenario erkennbar. Aber sie wird sich manifestieren, wie sich die ersten Stufen der Digitalisierung mit Proptechs wie wir sie in den letzten Jahren gesehen haben ebenfalls von einem Szenario zur Realität entwickelt hat.  

Etablierte Ansätze sagen nur wenig zur Nachhaltigkeit aus

Das gleiche gilt auch für den Aspekt der Nachhaltigkeit von Immobilien. Nur mit digitalen Methoden lässt sich die Nachhaltigkeit vor allem im Betrieb quantitativ und objektiv nachweisen. Die bisherigen Ansätze waren gut und haben ihre Berechtigung – sonst hätten sie sich ja auch nicht als Standards etabliert. Ökobilanzen und Zertifizierungen gehören zu diesen Standards. Ökobilanzen simulieren den ökologischen Fußabdruck von Immobilien anhand von statischen Informationen und Daten. Zudem betrachten sie mit der ökologischen nur eine von drei Säulen der Nachhaltigkeit. Zertifizierungen von DGNB über BREAM und LEED und andere beschreiben die Nachhaltigkeit von Immobilien ebenfalls anhand statischer Daten und Informationen und unterstellen mehr oder weniger willkürlich, was daraus im Betrieb für die Nachhaltigkeit eines Gebäudes abzuleiten sei und das auch noch für einen Zeitraum von mehreren Dekaden. Dass das nicht allzu genau und verlässlich sein kann, ergibt sich bei ehrlicher Betrachtung von selbst. Das ist aber keine Form moderner Scharlatanerie, sondern liegt schlicht und einfach daran, dass es bisher keine besseren und effizienteren Methoden gab. Die gibt es aber jetzt. 

Wie Unternehmen bei der Digitalisierung für Nachhaltigkeit vorgehen sollten

Stellt sich also die Frage „Wie gehe ich vor?“ Zum Glück haben andere Branchen diese Stufen der Digitalisierung schon durchlaufen oder sind auf dem Weg schon zumindest ein Stück weiter als die Immobilienbranche. So können wir mittlerweile die Schritte zum „richtigen“ Vorgehen sehr klar und belastbar benennen und beschreiben. Denn es geht hier um technische und datenbezogene Themen, die zunächst einmal branchenunabhängig immer gleich funktionieren, dann aber auf die betreffende Branche und das Unternehmen mit seinem Geschäftsfeld angepasst werden müssen. 

Jedes Data Science Projekt beginnt immer mit folgenden drei zentralen Fragestellungen: 

  • Welches Problem soll gelöst werden?
  • Welche Daten lassen sich beschaffen?
  • Ist das Problem lösbar – und warum?

Letztlich geht es hier darum, ähnlich wie beim bekannten Design Thinking in der Innovationsentwicklung, einen Problemraum und einen Datenraum zu definieren und so die technische Lösung zu modellieren und zu entwickeln. Das ist etwas, das mit den oben genannten analogen Methoden einfach nicht möglich war und es ergeben sich sozusagen „automatisch“ völlig neue Ansätze und Lösungen. Mittlerweile sind einige Unternehmen und Dienstleister auf das Thema spezialisiert wie beispielsweise Building Minds, das Fraunhofer Institut oder das JuS.TECH Institut für Data Science, KI und Nachhaltigkeit, die Proptech for Good Alliance oder die Initiative for applied AI von UnternehmerTUM in Deutschland. 

Digitale Subsets als Schlüssel zur Nachhaltigkeitsoptimierung

Wenn wir Daten und Nachhaltigkeit zusammenbringen wollen, wenn es darum geht die Möglichkeiten der Digitalisierung für das Erfüllen von SDG´s zu nutzen, dann ist der beste Weg dazu, die Definition von Digitalen Subsets. Wichtig ist dabei, dass diese Subsets einer Immobilie und deren Strukturierung aufeinander abgestimmt und miteinander kompatibel sein müssen. Was sollen wir nun unter einem „Subset“ verstehen? Digitale Subsets sind zunächst Beschreibungen von Betriebs- und Nutzugsszenarien, die in sich geschlossen sind und einen Teil des Gesamtsystems Immobilie beschreiben beziehungsweise mit diesem Gesamtsystem in Verbindung stehen und sich in dieses einfügen. Verstehen wir Immobilien als Plattformen für die Mensch-Maschine-Interaktion und dadurch entstehende Daten, so bilden die Subsets gleichsam die Bausteine oder Applikationen der Plattform und sind gleichzeitig Bestandteile von ihr. Applikationen erfüllen immer einen Zweck. Mit Blick auf das Thema dieses Beitrags ist der Zweck also die Optimierung der Nachhaltigkeit und das Erreichen eines oder mehrerer SDG (Sustainable Development Goals) Ziele. Diese Subsets lassen sich in vier Schritten definieren und optimieren. 

Schritt 1: Was tun Menschen und welche Bedürfnisse haben sie?

Schritt 2: Welche SDG sind betroffen und wie?

Schritt 3: Was muss geschehen, damit das Subset optimal nachhaltig ist?

Schritt 4: Wie sieht der optimale Zustand aller Subsets in der Immobilie beziehungsweise auf der Plattform aus?

Während die ersten beiden Schritte hauptsächlich Definitions- und Analysearbeit für Menschen sind, sind die Schritte drei und vier geradezu perfekte Aufgaben für autonome digitale Systeme und KI, denn es geht um deren Domäne der Optimierung von komplexen Abläufen auf Datenbasis.    

Etablierte wie junge Unternehmer/innen und Unternehmen sollten und werden diese Methoden und Technologien nutzen, um ihre Immobilien wirklich nachhaltiger zu machen. Und nicht zuletzt auch, um so Mehrwert zu schaffen und neue Geschäftsmodelle zu realisieren.  

Autor: Andreas Moring ist Professor für Digitalisierung, Innovation und KI an der International School of Management ISM. Er ist Gründer und Leiter des JuS.TECH Instituts für Data Science, KI und Nachhaltigkeit, Ambassador am Artificial Intelligence Center ARIC und in verschiedenen Beiräten. 

Autor: Andreas Moring

Über JuS.TECH Institut: Das JuS.TECH Institut entwickelt technische Lösungen auf Basis von KI und Data Science für Unternehmen mit dem Ziel, ihre Abläufe und Geschäftsmodelle nachhaltiger zu machen. Ein Schwerpunkt ist dabei die Immobilienwirtschaft mit der Lösung „Real Analytics“ die mit dem Green BIM Award 2021 ausgezeichnet wurde. Das Institut leistet auch Auftragsforschung für Unternehmen, Verbände, Investoren und Organisationen.

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Sarah Maria Schlesinger
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