Diese 11 Trends werden die Wohnungswirtschaft verändern | Sarah Schlesinger

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So wie es ist, funktioniert es noch gut. Aber eben nicht mehr lange. Um dem neuen Nachhaltigkeitszielen, Regulatorik oder auch den Vorgaben des aktuellen Koalitionsvertrages gerecht zu werden, braucht es Technologien und neue Geschäftsmodelle. Auch in der tradierten, wenig auf Veränderung fokussierten Wohnungswirtschaft.

90% unserer Zeit verbringen wir in geschlossenen Räumen. Wir arbeiten, produzieren, verwalten, konsumieren darin. Immobilien haben also eine herausgehobene Gesamtwirtschaftliche Bedeutung. Insbesondere aber schlafen, leben, wohnen wir in Immobilien. Von den knapp 43 Millionen Wohneinheiten in Deutschland waren Ende 2020 gut 53% vermietet (mehr hier). Der Wohnungswirtschaft kommt damit eine herausgehobene gesamtgesellschaftliche Bedeutung zu. Aus vielerlei Gründen, wie der als stark empfundenen Belastung durch zu hohe Wohnkosten, knapper Renditen für Dienstleister und starrer rechtlicher Gerüste wie veralteten Betriebskostenverordnungen & Co., steht die Wohnungswirtschaft vor großen Herausforderungen, denen sich Wohnungsbaugesellschaften, Wohnungsunternehmen, Hausverwaltungen, wohnungsnahe Dienstleister wie Handwerker oder Bauunternehmen stellen müssen. Doch welches sind die großen Veränderungstreiber?

Zusammen mit unserem Partner real PACE, der sich als Company Builder und Wagniskapitalgeber der Disruptionsförderung der Bau- und Immobilienwirtschaft verschrieben hat, sind wir dieser Frage nachgegangen. Die Ergebnisse hat real PACE in einem Whitepaper festgehalten. Die 11 Trends, die die Wohnungswirtschaft verändern werden, sind nachfolgend kommentiert aufgeführt:

  1. Ökologisch nachhaltiger Gebäudebetrieb wird zum neuen Standard

Veränderte regulatorische Ansprüche fordern immer stärker die Dekarbonisierung von Immobilien. Was für den Neubau bereits selbstverständlich ist, wird auch den Bestand zum Standard. Neben Fördertöpfen im Rahmen der EU-Renovation Wave-Initiative sind die Zielsetzung bis 2050 über die Hälfte des Bestandes energetisch zu sanieren Trigger, die auch die Wohnungswirtschaft zum Handeln treiben werden. Die Transparent-Machung in Form der sensor-basierten Messung und anschließenden Darstellung von Verbräuchen ist sicher ein erster Schritt. Die Analyse, das Benchmarking bis hin zu (teil-)automatisierten Eingriffen in den Betrieb, zum Beispiel via IoT oder KI werden folgen. Während ökologischer Gebäudebetrieb in den Marktansprüchen bereits Standard geworden ist, wird die Realität noch mit der Lösung des Sanierungsstau-Problems kämpfen. Diejenigen, die diesem Trend mit intelligenten Lösungen entgegentreten, werden profitieren.

  1. Neues Potenzial durch zusätzlichen Wohnraum in Großstädten

Unbestreitbar, dass wir mindestens in den Großstädten meist Vermietermärkte mit steigenden Mietpreisen beobachten. Da dies nicht im Interesse der Mieter und Politik steht, die auf die Verfügbarmachung bezahlbaren Wohnraums pochen, werden neue Wohnformmodelle sowohl Wohnraum- wie Renditepotentiale freisetzen. Co-Living-Angebote oder Mikroappartments mit hoher Flexibilität und erschwinglichen Monatsmieten bieten Nutzern und Anbietern in Großstädten Alternativen, die im Trend der nächsten Jahre stark steigen werden.

  1. Zunehmender Fokus auf Mieter in der Wohnungswirtschaft

Das vielbeschriebene Nutzer-Investor-Dilemma lässt sich nicht einfach auflösen. Aber spätestens seit Corona hat sich die Bedeutung der eigenen Vier Wände deutlich gewandelt. Insbesondere Sustainable Development Goal Nr. 3 der 17 EU-Nachhaltigkeitsziele fordert den Einsatz für Gesundheit und Wohlergehen, damit insbesondere Beiträge zum „S“ in ESG auch der Wohnungswirtschaft. Services, die die Ausstattung der Wohngebäude, das Miet- und Nebenkostenniveau optimieren, Zusatzdienste und damit mehr Komfort liefern oder die Kommunikation verbessern werden verstärkt nachgefragt werden. Ob sich ein neuer Standard herauskristallisiert oder ob dies grundsätzlich individuell der Erwartungshaltung des Marktes entsprechend ausgestaltet wird, wird sich zeigen. Sicher ist, dass wohnungswirtschaftliche Unternehmen gut daran tun, eine ganzheitliche Servicestrategie frühzeitig zu entwickeln und mittelfristig zu implementieren.

  1. Professionelle Mieterkommunikation

Kommunikation und damit einhergehende Transparenz sind Anlass vieler Ärgernisse bzw. grundsätzliche Erwartungshaltung des Mieters. Wer den Mieter als Nutzer bzw. Kunden im Marketingsprech und dessen Erfahrung bei Anmietung, laufendem Mietverhältnis oder auch Wohnungswechsel als Customer Journey versteht, wird für die eigenen internen Prozesse erhebliche Vorteile in puncto höherer Effizienz entdecken. Die digitale Optimierung von Prozessen, wie die digitale Mietvertragsabwicklung oder Zugänglichmachung von Vertrags- und Nebenkostenabrechnungsdaten oder die Informationsvermittlung anstelle eines Schwarzen Bretts im Hauseingang zahlen nicht nur auf die unternehmensinterne ESG-Quote ein. Sie machen auch das eigene Wohnungsangebot und Unternehmensimage attraktiver. Digitale Tools wie Mieterapps, KI-gestützte Chatbots o.ä. können dabei Wohnungswirtschaftlichen Unternehmen an vielen Stellen helfen. Sicher ist: ohne digitale professionellere Mieterkommunikation wird es in Zukunft nicht gehen. Dieser Trend geht nicht wieder weg.

  1. Umnutzung von Gebäuden als Chance zur Wohnraumbeschaffung

Das Aufeinandertreffen zweier Probleme bietet ein bisher kaum nutzbares Potential für die Wohnungswirtschaft. Hohe Leerstandsquoten und fehlender Wohnraum könnten sich gegenseitig aufheben. Bedingung liegt im Schlagwort „Umnutzung“. Um dies nicht nur mühselig einzeln sondern in der Breite zu ermöglichen, müssen eine ganze Reihe regulatorischer Rahmenbedingungen frisch geregelt werden. Damit einhergehen wird ein verändertes strukturelles und folgend auch optisches Bild unserer Städte und Quartiere. Wie stark sich dieser Trend bemerkbar machen wird, hängt ab vom politischen Veränderungswillen und der Qualität der Anpassungen, um die notwendige Flexibilität für Wohnungsunternehmen wie Mieter zu ermöglichen.

  1. Auflösung des Sanierungsstaus

Schätzungen gehen davon aus, dass über 50% des Wohnimmobilienbestands in Deutschland überaltert sind. Der Sanierungsstau hat mehrere Gründe, von denen extrem hohe Investitionskosten bei fehlender Refinanzierbarkeit oder Handwerksmangel zwei der herausragendsten sein dürften. Sanieren lohnt sich schlicht nicht. Abgesehen davon hat sich in Deutschland über Jahrzehnte in puncto Wohnimmobilien die Legende vom „Betongold“ verfestigt, dass vom ewigen Werterhalt nur durch Instandhaltung ausgeht. Durch die Mischung aus Fördermittel- und Steuer-Anreizen gepaart mit regulatorisch erzwungenen Sanierungsmaßnahmen in energetische Verbrauchsgewinnung oder -Reduktion, Dämmung und sonstige CO2-Reduzierung wird die Nachfrage nach Sanierungslösungen steigen.

  1. Überbrückung fehlender Handwerkskapazitäten

Das Bundeswirtschaftsministerium hat 2021 geschätzt, dass 65.000 Handwerker in Deutschland fehlen. Jegliche digitale Tools, die zu mehr Effizienz im Handwerk sorgen, sind also nicht nur Willkommen sondern dringend notwendig. Dazu braucht es auch Befähigungs- und Education-Angebote. Zur Überbrückung der fehlenden Handwerker können auch Angebote für Semiprofessionelle, sogenannte Do it youself Lösungen weiteren Auftrieb gewinnen. Je einfacher, je effizienter und je mehr Plug & Play, um so wahrscheinlicher, dass Anbieter solcher Lösungen in diesem attraktiven Wirtschaftsmarkt punkten und gleichzeitig einen Beitrag leisten zur nachhaltigen Sanierung von Immobilien.

  1. Neue Möglichkeiten dank industrieller Vorfertigung

Nur Handwerker-Apps, Education & DIY Angebote alleine werden das Problem nicht lösen. Und auch nicht 65.000 neue Handwerker, die wir sowieso nicht in time finden oder ausbilden werden. Mit Offsite-Construction, Fertigteil-Produktionen oder neuen Bauweisen wie 3D-Druck können durch Teilautomatisierung und völlig veränderte Baumaterialproduktion wie Bauweisen Lösungen für Sanierungsprobleme, Kostenexplosion & Co. Geschaffen werden. Auch hier liegt großes Potential für die Anbieter etablierter wie Startup Unternehmen, die diesen Trend frühzeitig erkennen und Lösungen dem Markt zur Verfügung stellen.

  1. Neue Eigentumsformen

Gemeinschaftliches Eigentum in Form von Genossenschaften hat historische Wurzeln. Durch Digitalisierung können neue Eigentumsformen und damit neue Vermögensschaffungs- und Renditeformen geschaffen werden. Auch der (Teil-)Eigentumserwerb wird z.B. durch Crowdinvestingmodelle auf neue Arten möglich. Dieser Tech-Trend wird auch die Wohnungswirtschaft noch weiter als durch die bisherigen Anbieter verändern.

  1. Trennung von physischem Asset- und Gebäudebetrieb

Die Immobilienwirtschaft wird wie andere Branchen wahrscheinlich auf die Trennung von Eigentum und Betrieb zusteuern. Die Immobilienwirtschaft wird sich zunehmend in Prop-Co´s Op-Co´s und Data-Co´s unterscheiden (vgl. Gastbeitrag im Immobilienmanager). Insbesondere bei den Operating Companies wie Maklern, Handwerkern oder Gebäudeverwaltern sind aktuell noch viele manuelle, ineffiziente Prozesse an der Tagesordnung. Bei den Eigentümern (Property Companies) sowie denjenigen, die große Mengen Daten zusammenführen und anbieten sind Macht-Verschiebungen und Konsolidierungen im laufenden Jahrzehnt zu erwarten. Die Trennung von physischem Asset- und Gebäudebetrieb wird in diesem Rahmen einen tiefgreifenden, in puncto Zukunftsfähigkeit aber gesunden Wandel der Bau- und Immobilienwirtschaft mit sich bringen.

  1. Digitale Daten als Grundlage

Daten sind die Grundlage jeglicher Entscheidung. Und diese Grundlage wird durch Digitalisierung erst so richtig ermöglicht. Tech-Unternehmen mit Lösungen rund um die Erfassung, Strukturierung und Analyse von Daten werden in der laufenden Dekade zu den großen Playern unserer Branche. Andere werden voraussichtlich akquiriert von den Bog Playern des heutigen Datenmarktes, die zusehends in den attraktiven Bau- und Immobilienmarkt vordrängen. Daten sind das Gold der Zukunft. Dies gilt auch hinsichtlich der Entstehung neuer Geschäftsmodell- und Renditechancen.

Die Anforderungen an Unternehmen der Bau- und Immobilienwirtschaft erhöhen sich fortlaufend: durch Digitalisierung und ESG-Regulatorik. Die Notwendigkeit Transparenz durch Daten zu schaffen und damit neue Wirtschaftlichkeit durch effizientere Prozesse zu ermöglichen, wird ungeahnte Renditepotentiale und Geschäftsmodelle hervorbringen. Die Trendschau gibt die Richtung, aus der Disruption auf die tradierte Bau- und Immobilienwelt zukommen wird.

Danke real PACE für das spannende Projekt. Und noch mehr freuen wir uns mit Euch auf die gemeinsame Vertiefung. Reden ist Silber. Machen ist Gold.

Hier geht's zum Whitepaper: https://realpace.de/whitepaper-wohnungswirtschaft/

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