Think 2030: Die Immobilienbranche wartet noch immer auf den Standard

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Um digitale Daten zu verwalten, ist ein Ordnungssystem notwendig. Vorgaben, die für alle Branchenakteure gelten, helfen beim standardisierten Datenaustausch zwischen einzelnen Dienstleistern. Im Gegensatz zu anderen Ländern wie Frankreich, den USA oder den Niederlanden existiert in Deutschland kein allgemein anerkannter und praktisch angewendeter Standard für den effizienten Austausch von Daten der Immobilienbranche, vor allem für Stammdaten. Der Austausch erfolgt stattdessen über Excellisten, eigene Programme oder toolspezifische Schnittstellen. Die Folge: hohe Implementierungskosten und lange Implementierungszeiten, zeitaufwendige Wartung, Verlust von Datenqualität aufgrund multipler Fehlerquellen und hoher manueller Aufwand bei der Prüfung von Daten.

Es gibt Initiativen zur einheitlichen Normierung von Daten. Zu nennen ist die Datenraumrichtlinie der Gesellschaft der immobilienwirtschaftlichen Forschung (gif), die erstmals als Version 1.0 im Jahr 2014 erschien und seit ihrer Einführung die Standardisierung digitaler Datenräume ermöglichen soll. Sie wird regelmäßig weiterentwickelt und umfasst mittlerweile 164 Dokumentenklassen. So wird es theoretisch möglich, allen Marktteilnehmern die Zusammenarbeit zu erleichtern. Dadurch kann die Konzeption, Planung, Errichtung, der Ankauf, die Bewirtschaftung und der Verkauf von Immobilien und Immobilienprodukten mittels eines transparenten Datenaustausches effizient gestaltet werden. Eine weitere Zielgruppe sind Software-Anbieter, die diesen Prozess mit ihren Produkten unterstützen. In anderen Branchen hat die Normierung von Daten bereits zu einer weitgehenden Vereinfachung, Transparenz und Rechtssicherheit geführt. Allen voran sind hier der Tourismussektor und die Finanzwirtschaft zu nennen.

Das gerade Beschriebene ist richtig und zutreffend. Das Problem: Seit ich 2012 im IT-Bereich der Immobilienwirtschaft angefangen habe, wird von einheitlichen Standards gesprochen, die für eine umfängliche Digitalisierung der Branche notwendig seien. Seitdem ist viel Zeit vergangen – ohne nennenswerte Fortschritte in der Praxis. Auch die lobenswerte Initiative der gif hat daran nichts geändert und findet nur in wenigen Applikationen eine praktische Anwendung.

Woran liegt das? Aus meiner Sicht daran, dass es im Gegensatz zu anderen Branchen keine große Masse an Endkunden gibt, die solche Standards durchsetzen können. Lediglich Anwendungen, die den Endnutzer, also Mieter, betreffen, werden einheitliche Standards aufweisen. Denn diese werden es nicht akzeptieren, wenn sie Anbieter nicht frei wechseln können.

Konnektoren statt jahreslanges Warten

Wenn wir also im Jahr 2030 immer noch keine Standards haben werden, was für Alternativen gibt es? Meiner Ansicht nach sollte sich die Branche stattdessen auf die Suche nach intelligenten Konnektoren beziehungsweise Adaptern machen – und zwar für möglichst alle Bereiche: ob nun für Transaktionen oder das Bestandsmanagement.

Wir, bei der HIH Real Estate, verfolgen diesen Ansatz schon seit einiger Zeit für unser digitales Ökosystem. Aktuell kooperieren wir mit einem halben Dutzend PropTechs und Anbietern von Softwarelösungen mit steigender Tendenz. Dabei sind für uns nicht einheitliche Datenstandards entscheidend, sondern moderne Schnittstellen (engl. application programming interface; kurz APIs), die auf Basis von (Programmier-)Standards funktionieren.

Bereitstellung von APIs ist der neue Standard

Gerade In Zeiten der Cloud-Anwendungen spielen umfassende APIs, hier vor allem Representational State Transfer APIs (REST API), eine zunehmend große Rolle. Die Verfügbarkeit einer solchen REST API ist ein zentrales Kriterium bei der Wahl eines Partners für uns: Jede externe Softwarelösung muss eine API bereitstellen. Eine API bietet eine Möglichkeit der programmierbaren (Programming) Interaktion (Interface) zwischen Anwendungen (Application). Moderne Schnittstellen arbeiten nicht mehr über einen Dateiaustausch, sondern stellen über sogenannte Endpoints eine Zugriffsmöglichkeit über Internetprotokolle auf die Daten bereit. Durch die ständige Verfügbarkeit lässt sich ein real- oder near-time Zugriff auf die Daten realisieren. Über die klassischen Schnittstellen – Anwendung 1 erstellt zu Zeitpunkt x einmal am Tag eine Exportdatei als CSV oder TXT und Anwendung 2 liest diese Datei daraufhin wieder ein – lässt sich ein Echtzeitdaten-Austausch nicht effizient gewährleisten. Auch wenn in der Immobilienbranche der Austausch von Echtzeitdaten noch eine untergeordnete Rolle spielt, sehen wir zunehmend Anwendungsbereiche hierfür, z. B. im Bereich der Sensorik oder ESG. Hier besteht noch großer Handlungsbedarf, vor allem im Bereich der ERP-Systeme der Immobilienwirtschaft.

Einbindung neuer Software ist kein Hexenwerk

In der Praxis gestaltet es sich dann einfach, wenn unsere Partner die API bereitstellen. Wir nutzen die Software Xapix, um robuste Schnittstellen zum schnellen Onboarding von neuen Ökosystem-Partnern und dem zuverlässigen Austausch von Daten zwischen den verschiedenen Softwarelösungen zu schaffen. Das Andocken an unser Ökosystem mit Hilfe von Xapix erfolgt in der Regel innerhalb von wenigen Stunden und kann auch von geschultem Personal durchgeführt werden, die keine Programmierer sein müssen.

Fazit: Unser Ansatz scheint sich zunehmend in der Branche zu etablieren. Mittlerweile ist es bei PropTechs fast schon die Regel, dass sie API-Anknüpfungen von sich aus bereitstellen. Auch Datenraumanbieter haben die Zeichen der Zeit erkannt und bauen auf intelligente Konnektoren, statt mühsam und letztlich vergeblich einheitliche Datenstandards zu entwickeln und durchzusetzen. Wir hoffen, dass dieser Ansatz sich weiterverbreitet und künftig alle Softwarelösungen – allen voran auch die Property Management Systeme – standardmäßig APIs bereitstellen.

Autor

Stefan Rath, HIH-Gruppe

Stefan Rath IntReal
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