Think 2030: Unternehmensführung anders gedacht – Neue Grundlagen für Innovationen

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Die Immobilienwirtschaft sieht sich aktuell mit grundlegenden Veränderungen konfrontiert. Vor dem Hintergrund der Digitalisierung und des Klimawandels werden bestehende Geschäftsmodelle zunehmend in Frage gestellt. Antworten hierauf werden sich nur durch innovative Vorgehensweisen und Geschäftsmodelle finden lassen. Wie kann also ein Unternehmen innovative Prozesse und Geschäftsmodelle durch seine Unternehmensstruktur fördern?

Organisationsstrukturen zur Förderung von Innovation im Unternehmen

Von enormer Bedeutung ist die Förderung von Innovation im Unternehmen. Dabei kann bereits die Organisationsstruktur einen positiven Beitrag zur Innovationsfähigkeit leisten – aber auch jede Innovation im Keim ersticken.

Innovation im Unternehmen kann auf viele unterschiedliche Arten und Weisen erfolgen. Denkbar ist zunächst die Gründung oder der Aufbau von bestimmten Einheiten innerhalb des Unternehmens, die innovative Ansätze ermitteln, prüfen und im Erfolgsfalle auch an der Umsetzung beteiligt sind. Prominentestes Beispiel solcher Strukturen sind interne Forschungs- und Entwicklungsabteilungen, die typischerweise bei Großunternehmen vorhanden sind.

Ein solcher Ansatz bietet zwar in der Regel den Vorteil, dass in großem Maße auf bereits vorhandene Ressourcen und Kapazitäten zurückgegriffen werden kann. Sie bergen allerdings auch die Gefahr, dass sie unabhängig von einem konkreten Innovationsbedarf bestehen und daher ohne Wertschöpfung Kosten verursachen. Zudem können sich interne Innovationseinheiten nicht ohne weiteres von bereits bestehenden Unternehmensstrukturen und Geschäftsmodellen lösen, so dass oftmals das vorhandene Innovationspotential nicht oder zumindest nicht vollständig ausgeschöpft wird. Dies gilt in besonderem Maß für unternehmensinterne Vorgaben an die Corporate Governance und das Reporting, die internen Einheiten jegliche Agilität rauben können. Noch schwieriger ist es für diese Einheiten, die Geschäftsmodelle der Unternehmen generell in Frage zu stellen bzw. neu zu entwickeln, da sie ja im Kern mit der Weiterentwicklung des bereits bestehenden Geschäftsmodells betraut sind.

Für das Unternehmen können diese unselbstständigen Einheiten ferner Haftungs- und Reputationsrisiken (Datenschutzrecht, Arbeitsrecht, Kartellrecht) mit sich bringen.

Interne Forschungs- und Entwicklungseinheiten finden sich regelmäßig nur im produzierenden Gewerbe, während gerade der Dienstleistungssektor eher seltener solche Einheiten vorhält.

Externe Innovationseinheiten bieten große Vorteile

Oftmals kann es daher zweckmäßiger sein, auf externe Innovationseinheiten zurückzugreifen. Die fehlende (statische) Einbindung in das Unternehmen, insbesondere in die internen Entscheidungswege und Vorgaben an die Corporate Governance, gewährleistet bei diesen Einheiten eine gewisse Dynamik, die notwendige Bedingung für eine rasche Anpassung an Veränderungen ist. Überdies sind die externen Einheiten regelmäßig nicht dem bisherigen Geschäftsmodell verpflichtet.

Damit einhergehend ist das Unternehmen bei externen Innovationseinheiten gezwungen, bisher bekannte und bewährte Vorgehensweisen zu überdenken. Unternehmensfremde Akteure verfügen regelmäßig über andere Lösungsansätze und Lösungsinstrumente. Zudem werden externe Innovationseinheiten nur dann eingebunden, wenn sie auch tatsächlich gebraucht werden. Die Kosten hierfür werden im Ergebnis häufig geringer ausfallen als die dauerhafte Aufrechterhaltung von internen Innovationseinheiten. Gleichzeitig bieten externe Innovationseinheiten den Vorteil, dass selbst bei endgültigem Scheitern des Projekts der kostenmäßige und administrative Aufwand für die Abwicklung der Einheit oftmals geringer ist, als dies bei einer eigens für eine bestimmten Thematik ins Leben gerufenen internen Forschungs- und Entwicklungseinheit der Fall ist. Gleichzeitig können dadurch Haftungs- und Reputationsrisiken für das Unternehmen vermieden werden.

Start-Ups als flexible Umsetzer von innovativen Ideen

Die Funktion einer externen Innovationseinheit können Start-Ups übernehmen, die ergebnisorientiert Lösungen für konkrete Problem entwickeln. Start-Ups zeichnen sich oftmals durch sehr spezifische Tätigkeits- und Forschungsgebiete sowie eine hohe Dynamik und Anpassungsfähigkeit aus.

Die möglichen Kooperationsformen mit einem Start-Up als externe Innovationseinheit werden übergreifend mit dem Begriff "Corporate Venture Capital" beschrieben und sind vielseitig. Die gängigsten Varianten sind hierbei reine Kapitalbeteiligungen, die z.B. über einen eigenen Corporate Venture Capital-Fonds des Unternehmens gehalten werden, sowie Accelarator- bzw. Inkubator-Programme und Beraterverträge. Welche dieser Optionen im Einzelfall zu wählen ist, hängt maßgeblich von den Anforderungen des Unternehmens an die externe Innovationseinheit und vom konkreten Entwicklungsstand des Start-Ups ab.

Eine reine Kapitalbeteiligung zu Innovationszwecken ist insbesondere in der Seed und Early Stage interessant. Ein Investment zu diesem Zeitpunkt bietet den Vorteil, dass der Kapitalgeber die Geschicke des Start-Ups frühzeitig in die gewünschte Richtung steuern und somit auf seinen Innovationsbedarf abstimmen kann und der Einkauf des Start-Ups in dieser Frühphase oftmals noch vergleichsweise "billig" erfolgt.

Setzt das Unternehmen bei der externen Innovationseinheit neben der reinen Kapitalzufuhr auf die Vermittlung von Wissen und möchte eine möglichst enge Kooperation mit dem Start-Up eingehen, sollte an das Aufsetzen eines strukturierten Accelarator- bzw. Inkubator-Programm gedacht werden.

Ein Beratungsvertrag ist empfehlenswert, wenn das Start-Up über genügend eigene Erfahrung verfügt und dementsprechend auch eine Beratungsfunktion einnehmen kann. Dies wird typischerweise in der Growth oder Later Stage der Fall sein.

Selbstständige Tochtergesellschaften als Treiber in der Unternehmensgruppe

Denkbar ist des Weiteren ein Mittelweg zwischen einer internen und externen Innovationseinheit in Form der Gründung einer selbstständigen Tochtergesellschaft zu Innovationszwecken. Damit die eingangs beschriebenen Negativeffekte bei einer solchen Ausgestaltung nicht entstehen, ist auf eine möglichst weitgehende fachliche, personelle und finanzielle Unabhängigkeit der geschaffenen Innovationsgesellschaft zu achten. Nur dann kann im Ergebnis eine umfassende und selbstständige Tätigkeit der Tochtergesellschaft gewährleistet werden und in der Folge eine dynamische und innovationsfreundliche Struktur entstehen.

Gleichzeitig bestehen aufgrund der Nähe zur Muttergesellschaft direktere Steuerungsmöglichkeiten und bereits eine grundsätzliche Kenntnis der Erwartungen bei der Entwicklung von Lösungsansätzen. Zudem hat es die Muttergesellschaft bei der Gründung einer solchen Tochtergesellschaft selbst in der Hand, wie die personelle Besetzung und inhaltliche Strukturierung der Innovationseinheit ausgestalten werden. Durch diesen direkteren Draht können frühzeitig und fortlaufend die Vorstellungen bei der Problemlösung kommuniziert werden, sodass in der Konsequenz Zeit und Kosten gespart werden. Zudem bietet eine solche Ausgestaltung den Vorteil, dass trotz der Auslagerung der Innovationsstrukturen das vorhandene Wissen und die Ergebnisse innerhalb der Unternehmensstruktur verbleiben und somit dauerhaft Wettbewerbsvorteile gesichert werden.

Ein Beispiel für diese Struktur ist die neu geschaffene, selbständige Innovationseinheit des VW-Konzerns, die CARIAD SE.

Gemeinsam ist man stärker – Joint Ventures das Mittel zum Zweck

Fehlen Kompetenzen für den Innovationsschub oder soll das damit verbundene unternehmerische Risiko geteilt werden, bieten sich Joint Ventures zwischen Unternehmen oder von Unternehmen mit Start Ups an. Im Idealfall geschieht dies dadurch, dass bereits bewährte Produkte des etablierten Unternehmens mit neuen Aspekten in Einklang gebracht werden und so im Ergebnis ein innovatives Gesamtergebnis entsteht. Exemplarisch hierfür kann die Zusammenarbeit zwischen Porsche und Customcells im Rahmen des Joint Ventures Cellforce Group angeführt werden, welches die Schaffung von Hochleistungsbatterien für Fahrzeuge zum Gegenstand hat.

Ein Beispiel für die erfolgreiche Nutzung des Innovationspotentials von Start-ups ist die Otto Group in Hamburg, die seit vielen Jahren über verschiedene Kooperationsformen mit Start-ups zusammenarbeitet, diese in ihrer Entwicklung begleitet und dadurch stetig neue Impulse für die Verbesserung des eigenen Geschäftsmodells gewinnt und nebenbei mit About YOU eins der wenigen deutschen Unicorns geschaffen hat.

Die Schaffung von Innovationseinheiten ist mit zahlreichen Herausforderungen verbunden

Dass eine Schaffung von Innovationseinheiten sowohl mit tatsächlichen als auch finanziellen Herausforderungen verbunden ist, liegt auf der Hand.

Die Schaffung von Innovationseinheiten ist jedoch auch in rechtlicher und steuerlicher Hinsicht oftmals anspruchsvoll und kann für alle Beteiligten zahlreiche Fallstricke mit sich bringen. Die Herausforderung liegt insbesondere darin, den Spagat zwischen den Anforderungen des Unternehmens an die Innovationseinheit mit den internen Vorgaben zu Corporate Governance und etwaigen regulatorischen Rahmenbedingungen einerseits und dem Wunsch und Bedürfnis der Einheit nach einer möglichst autarken Aufstellung in jeglicher Hinsicht andererseits zu bewältigen. Für den größtmöglichen Erfolg der Innovationseinheit sollte daher auf maßgeschneiderte Lösungen gesetzt werden.

Zusammenfassung

Die Zukunft wird Unternehmen gehören, die innovative Lösungen für die Probleme unserer Zeit entwickeln. Ein wichtiger Grundstein für die Innovationsfähigkeit kann durch die Organisationsstruktur des Unternehmens und die Schaffung von internen oder externen Innnovationseinheiten gelegt werden.

Es lohnt sich daher, sich ausführlich mit der Gestaltung von Innovationseinheiten auseinanderzusetzen und passgenaue Strukturen zu schaffen.

Über den Autor

Dr. Sebastian Orthmann ist Partner und Leiter des Geschäftsbereichs Real Estate & Public bei CMS Deutschland. Er berät nationale und internationale Investoren und Projektentwickler beim Erwerb und der Veräußerung von Immobilien und Immobilienportfolios im In- und Ausland. Weitere Schwerpunkte seiner Tätigkeit bilden die Beratung bei Projektentwicklungen, Fragen im gewerblichen Mietrecht sowie Rechtsfragen mit Bezug zum Thema Nachhaltigkeit und Klimaschutz in der Immobilienwirtschaft.

Dr. Frederike Volkmann ist Rechtsanwältin (Counsel) bei CMS Deutschland. Sie berät deutsche und internationale Unternehmen bei Mergers & Acquisitions, Venture Capital-Transaktionen, Umstrukturierungen und Kapitalmaßnahmen sowie zu allgemeinen gesellschaftsrechtlichen Themen, einschließlich aktienrechtlichen Fragestellungen. Zu ihren Mandanten zählen Mittelständler und börsennotierte Unternehmen im In- und Ausland sowie Start-Ups, für die sie auch im Rahmen des CMS-Programmes equIP tätig wird.

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